Sattelfeste Szene - Meine März-Kolumne im GAB-Magazin

Selbstverständlich lassen sich Plexiglasscheiben nicht in das Gestaltungskonzept schwuler Bars einfügen, ohne dass die Ästhetik den virologischen Notwendigkeiten auf halbem Wege entgegenkommen muss. Aber es geht. Steht das Führen von schriftlichen Anwesenheitslisten im Widerspruch zu der besonders in queeren Lokalen wichtigen Diskretion? Aber Hallo! Wie viel Freude macht es Szene-Gastronom*innen, die ihren Gäst*innen einfach nur eine schöne Zeit geben wollen, sie an der Eingangstür abzufangen, um zuerst Impfzertifikate und Personalausweise kontrollieren zu müssen? Gar keine.
Zwei harte Lockdowns haben viele queere Gastro-Betriebe an den finanziellen Abgrund getrieben und manche auch einen Schritt weiter. Das bisweilen monatelange Warten auf die versprochenen staatlichen Unterstützungszahlungen vertrieben sich die Wirt*innen mit dem Entsorgen ihrer abgelaufenen Getränke und Lebensmittel.

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Heimat Szene - Meine Oktober-Kolumne im GAB-Magazin

Kann die Szene Heimat sein? Eine Frage, die mich einmal mehr umtreibt, seit ich unlängst im Büro eines Kollegen eines Plakates der Deutschen Aidshilfe aus dem Jahr 2004 gewahr wurde, das ebendiese Frage stellt. Über Jahrzehnte rief der Begriff „Heimat“ hierzulande Assoziationen mit Schwarzwälder Bollenhut und Trachtenjankerl hervor, die als Stilmittel in sonntagnachmittäglich ausgestrahlten Heimatfilmen häufige Garderobe waren. In ihrer Zeit waren diese Formate erfolgreich, weil sie idyllische Gegenbilder zur Nachkriegsrealität zerstörter Familien und den Erfahrungen von Flucht und Vertreibung boten. Denn die inszenierten Filmwelten waren geprägt von Sehnsuchtsstoffen wie Liebe, Familie und Freundschaft. Themen, die in übertragener Weise auch die queere Szene ausmachen. Selbstverständlich ergänzt um ein ordentliches Maß Ausschweifung und Sex, die in den Kulissenlandschaften der 1950er-Jahre noch unausgesprochen bleiben mussten. Zum Leben gehören sie in Wahrheit aber im vorgeblich heilen Bergpanorama genauso wie in der schummrigen Szenekneipe. Mit allen individuellen Niederlagen, Verwerfungen und Verletzungen, die sie mit sich bringen können. Das Plakat, das mir ins Auge fiel, empfiehlt deshalb „Aufmerksamkeit statt Nicht(be)achtung“. Denn auch die Szene ist nie eine heile Welt.

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Entspannt euch! - Meine Januar-Kolumne im GAB-Magazin

Nach Vollendung des 18. Lebensjahres ist man bei uns volljährig. Mit einem Mal darf man berauschend viel mehr tun und lassen als noch wenige Tage vor diesem Stichtag. Über Nacht hat man auch die Pflicht zur eigenen Fürsorge ererbt, die bislang bei den Eltern lag. Sich um einen Menschen zu kümmern, ist jedoch eine große Herausforderung und keineswegs allen in die Wiege gelegt. Auch nicht die Sorge für sich selbst. Dabei geht es nicht in erster Linie um die Aufsicht über eine vernünftige Ernährung, pünktliches morgendliches Aufstehen, den Kontostand und das regelmäßige Anlegen frischer Unterwäsche. Wer hier versagt, bekommt es recht schnell von seiner Umgebung mitgeteilt.

Wichtiger ist die Verantwortung für eigene Ressourcen, die sich kaum messen lassen, sodass ihr erhöhter Verbrauch oft erst bemerkt wird, wenn schon die Reserven verbraucht sind. Nicht nur die monatlichen Geldmittel wollen sorgsam eingeteilt werden; auch die Zeit für uns selbst, das Maß an Aufmerksamkeit für unsere Umwelt, die Distanz und Nähe zu anderen Menschen und die Kraft unseres Engagements sind endlich und sollten deshalb regelmäßig auf ihren Füllstand geprüft werden. Denn wenn unser inneres Räderwerk trocken läuft, nimmt der Verschleiß erheblich zu, und bevor man merkt, dass es im Seelengetriebe knirscht, kommt schlagartig der Stillstand. Die Selbstreparatur dauert dann lange, ist wiederum ressourcenintensiv und manchmal nicht ohne fremde Hilfe zu schaffen. Nicht nur anderen, sondern auch sich selbst etwas Gutes zu gönnen, ist also nicht nur eine pflichtgemäße Wartungsarbeit, sondern eine lohnende Investition in uns selbst.

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Was darf man eigentlich noch sagen? - Meine Dezember-Kolumne im GAB-Magazin

Wer darf eigentlich was noch sagen? Diese Frage geistert derzeit einmal mehr durch das winterliche Land und schon so manche*r gewerbsmäßige Meinungsbildner*in hat sich daran sehenden Auges die Finger verbrannt. Oft genug wird verwechselt, was man sagen kann, was man sagen darf und ob jeder etwas sagen soll – oder lieber nicht.
Der erste Teil ist einfach: Sagen kann man als Meinungsäußerung alles. Wer aber die Rechte anderer dadurch verletzt, darf das nicht. Ein Blick in die sogenannten sozialen Medien genügt, um zu erkennen, dass die meisten Menschen, die glauben, sie sollten zu einem Thema etwas beisteuern, ihre diesbezügliche Eignung überschätzen. Fakt ist: Die Mehrheit der Menschen kennt sich mit der Mehrheit der Themen sehr wenig aus.
Und noch ein Fakt: Die Mehrheit der Menschen kennt sich mit den Themen der Minderheiten unter den Menschen sehr wenig aus. Gute öffentliche Debatten, die die pluralistische Meinungs- und folgende Entscheidungsfindungen voranbringen, entstehen aber vor allem dann, wenn sie von Personen geführt werden, die außer einer Meinung noch substanzielle Sachverhalte, neue Informationen, spezielle Erfahrungen oder seltene Perspektiven beisteuern können. Solche Leute sollten viel öfter bei sich den Mut und bei den anderen das Gehör finden, um sich zu äußern. Alle anderen dürfen sich natürlich auch mitteilen – aber vielleicht nicht immer zuerst.

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