Reisetagebuch

Italien: Müde und pedantisch

Italien: Müde und pedantisch

Wenn man morgens müde aufwacht, lässt das einiges auf den weiteren Tagesverlauf schließen. Heute musste ich mich durch den Tag quälen. Die Truppe mit den Motorsensen hat sich auf die oberste Stufe der Bergspirale hochgeschnitten und steht kurz vor dem Abschluss ihres Gesamtwerks. Die beiden Kleingruppen, die die Grabpultsteine wieder ausrichten sind weit im Gelände verteilt und ich muss sie immer erst suchen. Nach dem Mittagessen gelingt es mir tatsächlich einige Momente im Traktorsitz in menschenunmöglicher Haltung einzunicken, bis dann schon der nächste Kollege wieder an meiner Seite steht und einen Fahrauftrag für mich hat.

Ich fahre wieder den Berg runter, um Sand zu holen und liefere alles aus, was auf dem Sandhaufen zu holen ist.

Einen Geländeeinschnitt schätze ich im Vorbeifahren als so schlecht einsehbar, gleichzeitig sonnig und bequem ein, um dort sowohl dem Traktor als auch mir eine kurze Pause zu gönnen. Das Liegen auf dem trockenen und frisch gemähten Rasen führt allerdings nur dazu, dass ich den Rest des Arbeitstages mit Grasschnitt in der Unterhose verbringen muss. Weil wir als Gesamtgruppe ohnehin nun etwas entschleunigen wollen, nachdem die meisten Etappenziele erreicht sind, planen wir heute schon früher aufzubrechen. Es ist vereinbart, dass ich um viertel vor drei die Geräte einsammele, damit wir um 16 Uhr abfahrbereit sind. Mit Alfons erledige ich das und wir sind überpünktlich zurück am Bus. Andere leider nicht, trudeln zu spät ein, bei anderen ist unklar, wo sie überhaupt sind. So brechen wir doch wieder mit großer Verzögerung auf. An einem Tag, der ohnehin nicht mein Freund ist, ärgern mich Unzuverlässigkeit und Unpünktlichkeit mehr als sonst. Unsere Kollegin Pirko hat für heute Nachmittag nämlich einen Vortrag über den historischen Kontext des Kriegsfriedhof Futa-Pass vorbereitet, auf den ich mehr sehr gefreut habe. Er ist bündig und gleichzeitig umfassend. Viel von dem Kriegsgeschehen in Italien hatte weitreichende Auswirkungen auf das Kriegsgeschehen auf den anderen europäischen Kriegsschauplätzen. Es mag sein, dass die Müdigkeit mich etwas pedantischer gemacht hat als sonst, jedenfalls muss ich doch einmal ansprechen, ob man die Gruppe nicht noch einmal zu mehr Pünktlichkeit anhalten kann. Bislang warten wir oft auf die Nachzügler und bestraft damit immer die Pünktlichen. Teamleiter Detlef macht diesbezüglich eine kurze Ansage und so sind Recht und Ordnung in meinem Sinne wieder hergestellt. Mit etwas schlechtem Gewissen, so pingelig gewesen zu sein, ziehe ich mich nach dem Abendesse als erste auf mein Zimmer zurück, arbeite trotz Müdigkeit noch bis um zehn und versinke dann im Schlaf der Gerechten.

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Jessica Welt

Seit etwa drei Jahren lasse ich auf meinen Reisen einen GPS-Tracker mitlaufen und füge alle zurückgelegten Routen in diese Karte ein. Strecken, die ich auf dem Landweg zurückgelegt habe, kennzeichne ich orange, welche, die ich zu Fuß gelaufen bin in grün und die, die ich auf dem Wasser per Boot oder Schiff bewältigt blau.