Reisetagebuch

Ein Tag wie ein Thrombosestrumpf

Es fällt mir nicht leicht, mich zu konzentrieren, während ich meine ersten Zeilen in das Reisetagebuch meiner Motorroadreise durch Kolumbien schreibe. Denn ich ich sitze auf dem Langstreckenflug von Frankfurt nach Miami unmittelbar hinter der berüchtigten "Babyreihe". Hinter der Abteilung für die Premium Economy können die Babybetten während des Fluges befestigt werden. Für Kleinkinder ist das an Bord eines Flugzeuges also definitiv der "place to be". Zwei habe ich vor mir und beide haben schon ihre Fähigkeiten zu lautstarken Lebensäußerungen unter Beweis gestellt. Außerdem bin ich recht müde, denn die beiden letzten Nächte waren belastet von den formalen Reisevorbereitungen. Zwar schrieben mir beide an den Flügen nach Kolumbien beteiligten Fluggesellschaften in den Tagen vor meinem Aufbruch fast täglich Emails mit Informationen zu den Einreisebestimmungen nach Kolumbien und die Transitbedingungen für die USA. Leider gab es aber nie einen Gesamtüberblick, so dass ich mir alles zusammensuchen musste und bis zum Check-in das beunruhigende Gefühl behielt, eventuell doch etwas vergessen haben zu können. Auch jetzt eine Stunde nach dem Start ist es noch nicht ganz verflogen. Immerhin hat die kolumbianische Fluggesellschaft Avianca eine gute Seite verlinkt, die bei Flügen mit Aufenthalt an einem Transitflughafen alle Corona-Voraussetzungen und nötigen Einreisebedingungen für die gesamte Reise auflistet. 

Der Flughafen Miami ist verwirrend. Denn obwohl ich dort eigentlich nur zwischenlande um einige Stunden später mit einem anderen Flieger meine Reise fortzusetzen, muss ich formal in die USA einreisen. Das bedeutet langes Schlangestehen. Der Beamte der US-Einwanderungsbehörde ist dafür sehr freundlich und spricht sogar Deutsch mit mir. Mein Koffer steht mit anderen neben einem Gepäckband. Den Schildern "Connections" folge ich so lange, bis ich kein weiteres mehr finde und sicher bin, dass es wohl auch keine weiteren gibt. Ich muss also nun wieder bei der kolumbianischen Fluggesellschaft Schlange stehen, um mich und den Koffer wieder neu einzuchecken. Die Lufthansa-Dame am Schalter in Frankfurt hatte bereits angedeutet, dass ich mein Gepäck am Internationalen Flughafen von Miami durch den Zoll tragen müsse, um es dann wieder neu aufzugeben. Ein sehr aufwändiges Verfahren.

Als es dann schließlich um kurz vor acht Uhr abends mit der 737 in Miami Richtung Kolumbien losgeht, bin ich schon ziemlich müde, kann aber immerhin auf den drei freien Plätzen der letzten Reihe fast den ganzen Flug über etwas schlafen. Bei der Ankunft in Cali muss ich noch einmal Schlange stehen, denn ich bin fast als letzte aus dem Flugzeug gestiegen. Am Ausgang wartet George von der Motorrad-Agentur in Cali mit Sean aus London, den er ebenfalls am Flughafen eingesammelt hat. Wir fahren in Calis Stadtteil Granada, wo unser Hotel auf uns wartet. Etwas scheint mit meiner Zimmerbuchung durch das Reisebüro nicht gestimmt zu haben, denn ich muss anders als Sean noch eine Weile an der Rezeption auf meiner Schlüsselkarte für das Zimmer warten. Erst um 2 Uhr morgens Ortszeit kann ich die Thrombosestrümpfe runterrollen und  mich aufs Bett werfen. Nach 26 Stunden Anreise fällt mir das Einschlafen dann sehr leicht.

Related Articles

Jessica Welt

Seit etwa drei Jahren lasse ich auf meinen Reisen einen GPS-Tracker mitlaufen und füge alle zurückgelegten Routen in diese Karte ein. Strecken, die ich auf dem Landweg zurückgelegt habe, kennzeichne ich orange, welche, die ich zu Fuß gelaufen bin in grün und die, die ich auf dem Wasser per Boot oder Schiff bewältigt blau.