Reisetagebuch

Auf Bambusfahrrädern durch Intramuros
Auf Bambusfahrrädern durch Intramuros

Intramuros: Eine Radtour durch die Geschichte Manilas

Die Erkundung der Altstadt Intramuros auf einem Bambusfahrrad offenbart Manilas Geschichte und Kultur hautnah. Steinmauern, moderne Kontraste und ein Blick auf das Herz der philippinischen Hauptstadt - meine persönliche Tour durch die Zeit.

Eine der Herausforderungen beim Reisen ist es, möglichst früh eine effiziente Fortbewegungsart zu finden, die Mühe, Zeit und Kosten gegeneinander abwägt. Einen ersten Versuch habe ich heute Morgen zu Fuß unternommen und bin von meiner Unterkunft aus über die Brücke gewandert, die den Pasig-Fluss überquert, um nach Intramuros, die Altstadt von Manila zu gelangen.

Geschichte in Steinmauern und Gepflasterten Straßen

Die Befestigungsanlage Intramuros hier im doch sehr hektischen und betriebsamen Manila. Direkt am Pasig River gelegen haben diesen Befestigungsanlagen die Spanier im 16. Jahrhundert gebaut. Zur Zeit ihrer Kolonialisierung. Diese Befestigungsanlage gibt es bis heute. Sie hat unterschiedlichen Herren gedient. Den Amerikanern später danach. Und während der japanischen Besatzungszeit auch den Japanern.

Intramuros ist das historische Herz von Manila und trägt die Geschichte der Stadt in seinen Steinmauern und gepflasterten Straßen. Der Name, "Intramuros", spanisch für "innerhalb oder innerhalb der Mauern", verweist auf die einst von hohen Mauern umgebene Stadt, die das Zentrum der spanischen Kolonialherrschaft in Asien darstellte. Errichtet auf einer Fläche von etwas mehr als einem halben Quadratkilometer innerhalb der Stadt Manila, diente Intramuros als der politische, religiöse und Knotenpunkt des spanischen Ostindien. Die Stadt wurde 1571 gegründet und fungierte bis 1865 als Regierungssitz des sogenannten Generalkapitanats der Philippinen des spanischen Weltreiches. Vor allem war es das wirtschaftliche Zentrum mit einem gut geschützten Hafen, der als Dreh- und Angelpunkt des Manila-Galeonenhandels fungierte. Damit trug Intramuros maßgeblich zur Entwicklung der Region bei.

Das Tor des heiligen Santiago in dem nach ihm benannten Fort
Das Tor des heiligen Santiago in dem nach ihm benannten Fort

Als ich um halb zehn an meinem Ziel ankomme, bin ich schon durchgeschwitzt. Der Verkehr ist Manila ist so schlimm und die Stadt so dreckig wie Bangkok vor 20 Jahren. Regelmäßig muss ich den Kopf wegen unerträglichem Uringestank abwenden. In den schicken Geschäftsvierteln, die es auch hier gibt, mag das anders sein. Aber dort bin ich halt gerade nicht. In Manila wird nach 50 Metern Fußweg deutlich, warum Straßenköter in Bangkok eine höhere Akzeptanz haben, wo sie sich für ihre Geschäfte diskret auf Brachflächen zurückziehen. Sich hier überall zu Fuß hinzulaufen ist keine Option. Die Distanzen sind zu große, es ist zu heiß und manche Verkehrstrassen sind zu Fuß unüberquerbar.

Radfahren durch Geschichte und Kultur: Entdeckung der Altstadt Intramuros in Manila

Schließlich finde ich den Eingang in die Altstadt und hier geht es noch so zu, wie einst auch in unseren mittelalterlichen Städten. Es ist ein buntes Treiben auf der Straße und alle möglichen Gewerke finden sich nebeneinander. Ein Restaurant , ein Friseur und eine Motorradwerkstatt gehen beinahe nahtlos ineinander über.

Ich bin gerade mitten in Manila, der Hauptstadt der Philippinen und dort in der Altstadt Intramuros. Diese Altstadt will ich heute erkunden. Und das mache ich nicht zu Fuß, sondern auf einem fahrbaren Untersatz, nämlich mit einem Fahrrad. Und nicht irgendeinem Fahrrad, sondern das aus Bambus gebaut worden ist.

Es sind sehr schlichte Gefährte. Das macht aber auch nichts, denn lange Strecken sind nicht am Stück zurückzulegen. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde radeln wir auch schon los. Unser erster Stopp ist ein Bresche in der alten Stadtmauer, durch die man über eine ausgedehnte Rasenfläche blicken kann. Die Mauern wurden einst von einem breiten Wassergraben eingefasst.

Vom alten Graben ist nichts mehr übrig, denn als die amerikanischen Kolonialherren gekommen sind, haben sie den Graben zugeschüttet, um die Mückenplage einzudämmen. Und haben einen amerikatypischen Golfplatz drauf gemacht. Mit 18 Löchern. Das Rohr eines rostigen Artilleriegeschützes zeigt durch die Bresche.

Eine der letzten japanischen Kanonen, die hier von der Schlacht von Manila zeugen. Die Japaner haben viele von ihren Kanonen von ihren Kriegsschiffen demontiert und hier in Manila verteilt, um den Angriff der Amerikaner abzuwehren. An dieser Station der Fahrradtour steht die einzige Kanone, die das Flächenbombardement der Amerikaner überlebt hat. Manila war danach befreit, aber nach Warschau die am zweitmeisten zerstörte Stadt des Zweiten Weltkriegs.

Mit unserer Fahrradentourage strampeln wir weiter zu einem Stadttor, vor dem einstmals die Siedlung der Chinesen lag. Und zwar außerhalb der Stadtmauern. Die spanischen Kolonialherren hatten große Vorurteile den Chinesen gegenüber. Das hatte zum einen damit zu tun, das chinesische Piraten immer wieder heimsuchten und überfallen hatten. Aber sie hatten auch ansonsten Vorurteile gegenüber den chinesischen Kaufleuten in der Altstadt von Manila zu wohnen in Intramuros. Also geschützt hinter den Mauern. Sie mussten immer in Reichweite der spansichen Kanonen außerhalb dieser Mauern siedeln. Aber sicherheitshalber trotzdem in Reichweite der spanischen Kanonen.Die Bastion ist heute ein harmonischer Ort und eine Parkanlage die dem ASEAN-Staatenbund gewidmet ist.

Der ASEAN-Park von Intramuros
Der ASEAN-Park von Intramuros

Heute ist dieser Park ein Park der Versöhnung geworden. Diese Befestigungsanlage wird nicht mehr für kriegerische Zwecke gebraucht, sondern ist der ASEAN-Park, also der asiatischen Staatenvereinigung dient dieser Park. Hier sind Bronzestatuen von den bedeutenden Anführern asiatischer Staaten aufgestellt.

Flaggenmasten mit den Nationalflaggen der ASEAN-Mitgliedsstaaten reihen sich in der Grünanlage aneinander. Darunter ist auch Die Landesflagge des Sultanats Brunei. Und genau dort wo diese Flagge steht, wurden zuletzt die Leichen von 10000 japanischen Soldaten gefunden. Sie waren skelettiert. Man konnte sie nur noch anhand ihr Uniformen erkennen. Man hat diese Leichen dann der japanischen Regierung für eine würdige Bestattung übergeben.

Intramuros blickt auf eine blutige Geschichte zurück, die ihren Tiefpunkt im Massaker von Manila fand. Die Altstadt gilt als verwunschener Ort wegen der Grausamkeiten, die die japanischen Besatzer unter der philippinischen Zivilbevölkerung angerichtet hatten. In den letzten Kriegstagen hatten sie gewütet wie die Bestien.

: Auch die modernen Bewohner von Manila haben Vorurteile gegenüer diesem Ort Intramuros. Denn während der japanischen Besatzungszeit und in den Kriegshandlungen der Befreiung sind über 100000 Menschen hier ums Leben gekommen. Allein hier in Intramuros wurden 10000 Leichen entdeckt, nachdem die Japaner hier Einzug gehalten hatten.

Trotz der historischen Bedeutung von Intramuros haben sich die Bemühungen um Restaurierung und Entwicklung in den letzten Jahren als herausfordernd erwiesen. Die kommerzielle Nutzung des Gebiets bleibt im Vergleich zur historischen Größe begrenzt. Dennoch hat Intramuros verschiedene Veranstaltungen und Festivals beherbergt, darunter die Messe von Papst Franziskus im Jahr 2015 und das jährliche Architektur- und Designfestival.

Schließlich erreicht unsere Radelgruppe die Kathedrale San Augustin, die meist einfach als Kathedrale von Manila bezeichnet wird. Es ist schon die 7. Kathedrale an dieser Stelle. Manila hate eine bewegte Geschichte. Die erste Kathedrale an dieser Stelle wurde durch eine Flut zerstört. Danach durch ein Erdbeben, die nächste danach auch wieder durch ein Erdbeben. Die nächste danach auch wieder durch ein Erdbeben. Die allerletzte wurde dann bei der Schlacht von Manila im Zweiten Weltkrieg zerstört.

85 Prozent der philippinischen oder mehr sind katholischen Glaubens. Wer hier in der Kathedrale von Manila seine Hochzeit feiern möchte, der muss sich auf die Warteliste schreiben lassen. Und die ist etwa zwei bis drei Jahre lang.

Ich schaue nur kurz in das Gotteshaus. Drinnen findet gerade eine Hochzeit statt. Als ich wieder rauskomme, sind schwarze Wolken aufgezogen. Ich frage den Reiseführer, ob er glaubt, dass es regnen geben werde. Am Nachmittag vielleicht, antwortet er. Doch ich kenne die Regenwolken der Tropen und spüre es an der Luft, dass es gleich losgeht. Als ich das Regencape angezogen habe, klatscht es auch schon runter. Allerdings nur eine Viertelstunde. Dann scheint die Mittagssonne, die jetzt um 12 Uhr in Höchstform ist. Diese Hitze nach dem Regen macht es schwül und die Luft ist zum Schneiden. Glücklicherweise ist die Fahrradstadtführung auch schon bald an ihrem Ende angekommen. Zum Abschluss hat uns unser Guide ein Eis versprochen. In einem Eisgeschäft neben dem Bambike-Laden gibt es allerlei exotische Sorten zur Auswahl.

Ich entscheide mich für eine lilafarbene Kugel Eis aus der Yamswurzel. Schmeckt nicht schlecht, aber ich bin und bleibe der Vanille-Typ.

Allerdings wird man davon nicht satt und ich habe heute noch überhaupt nichts Richtiges gegessen. Laut Google Maps gibt es zahlreiche Restaurants in der Altstadt. Doch als ich die aufsuche, sind es entweder Nobelschuppen mit Kronleuchtern oder schmutzige kleine Imbisse mit vorgekochtem Essen, die nicht dahaben, was sie auf der Speisekarte führen. Schließlich finde ich ein Restaurant und esse dort ein sehr langweiliges Reisgericht. Mein Reiseführer hatte mich schon gewarnt, dass man auf den Philippinen nicht wie in Thailand Gerichte von einer großen Raffinesse und Bandbreite an Gewürzen und Zubereitungsarten erwarten könne. Trotzdem bin ich etwas enttäuscht. Ich weiß aber, dass es in Manila außer der philippinischen Küche auch unzählige chinesische, japanische und koreanische Restaurants gibt. An die werde ich mich hier vorerst halten. Die Fillipino-Kost gebe ich aber nicht verloren. Ich muss mich wohl nur erst reinfinden. Sobald ich auf Palawan bin, erwarte ich außerdem, mich hauptsächlich von Meeresgetier zu ernähren.

So gestärkt erwartet mich heute noch eine reiseorganisatorische Herausforderung. Morgen soll nämlich mein Schiff nach Palawan auslaufen. Doch schon zuhause hat mich eine Email erreicht, dass wegen eines Taifuns die Abfahrt auf den nächsten Morgen verschoben werden müsse. Mehr als diese Email habe ich allerdings nicht bekommen und auf meine Rückfrage, ob es bei der Verschiebung bleibe und ob mein altes Ticket weiterhin gültig sei, habe ich keine Antwort erhalten. Der Hafen von Manila ist nicht weit von meiner Unterkunft entfernt. Deswegen fahre ich dort kurzerhand hin, um im Büro der Fährgesellschaft persönlich nachzufragen. Mittlerweile habe ich eine effizientere Fortbewegungsart gefunden, die mich ohne großes Geschacher um den Fahrpreis per Motorradtaxi an mein Ziel bringt.

Das ist eine App, die so funktioniert wie Uber. Man wählt Start und Ziel in der App aus, die App legt dann einen Festpreis fest und sucht einen Fahrer in der Nähe. Für die meisten Fahrten zahlt man so dann nur etwa 50 Pesos. Das ist nicht mal ein Euro.

Der Hafen von Manila
Der Hafen von Manila

Die Wartezeit hat sich wirklich gelohnt, gerade mal etwa 20 Minuten. Zudem wies mich die Dame am Schalter auf eine wichtige Information hin: Meine Fähre fährt nicht wie gedacht morgen, sondern bereits um 6 Uhr morgens. Diesen Sturm-bedingten Tag späteren Abfahrtstermin hatte ich bereits im Kopf, jedoch wäre ich beinahe davon ausgegangen, dass die Abfahrt um halb elf stattfindet. Das wäre wirklich ärgerlich gewesen. Daher war meine kleine Motorrad-Spritztour hierher wirklich von Vorteil.

Es zeigt sich wieder einmal, wie wichtig es ist, aufmerksam zu lesen. Die Mitarbeiterin der Schifffahrtsgesellschaft hat mir zwar kein Geheimnis verraten, sondern lediglich den Inhalt der E-Mail erneut vorgelesen. Offensichtlich hatte ich sie jedoch nicht aufmerksam genug gelesen – ein Fehler, der passieren kann, jedoch nicht passieren sollte.

Jetzt habe ich endlich Gewissheit über die Abfahrtszeit meines Schiffes. Daher nutze ich erneut die App, um einen Joyride-Motorradtaxifahrer zu buchen. Überraschenderweise ist es sogar eine Frau, die uns geschickt durch das Hafenviertel leitet. Inmitten des chaotischen Verkehrs kämpfen sich Lastwagen mit Containern, Dreiradtaxis, Fahrräder mit hohen Stapeln von Altpapier und Lastkarren durch die Straßen.

Schließlich kehren wir zum Ufer des Pasig-Flusses zurück. Tondo, das Innenstadtviertel von Manila, ist von Slumsiedlungen geprägt. Hier befindet sich auch der Hafen, und nun durchfahren wir eine vertikale Bretterbudensiedlung, die an Brückenpfeiler und betonierte Uferbefestigungen angeklebt ist. Die Verschläge sind schmal, aber dreistöckig aufeinander gestapelt. Die Fassaden sind in unterschiedlichen, quietschbunten Farben gestrichen, und davor hängen an Bügeln alle möglichen Kleidungsstücke sowie teilweise der gesamte Hausrat.

Diese Behausungen erinnern eher an eine große, farbige Schrankwand, in der Menschen leben. Eine der Miniwohnungen ist kaum größer als ein deutscher Kleiderschrank. In der westlichen Welt sind Tiny-Houses auf kleinem Raum mit Minimalausstattung gerade im Trend, und Menschen, die alles haben, sehnen sich nach dieser Einfachheit. Die Menschen hier in Tondo, Manila, leben auf diese Weise, allerdings ohne je die Wahl gehabt zu haben.

LINKS:

Voyage 2 Go - Folge 36 - Mitten in Manila

Related Articles

Jessica Welt

Seit etwa drei Jahren lasse ich auf meinen Reisen einen GPS-Tracker mitlaufen und füge alle zurückgelegten Routen in diese Karte ein. Strecken, die ich auf dem Landweg zurückgelegt habe, kennzeichne ich orange, welche, die ich zu Fuß gelaufen bin in grün und die, die ich auf dem Wasser per Boot oder Schiff bewältigt blau.