Reisetagebuch

Noch im aktiven Dienst: Der Vulkan Gunung Merapi
Noch im aktiven Dienst: Der Vulkan Gunung Merapi

Indonesien - Am Rande des Vulkans Merapi

Ich bin im Bamboosa Guesthouse in Bukittingi untergekommen. Es ist eigentlich kein Guesthouse, sondern wohl eher ein Homestay. Zwei Schlafzimmer sind wohl zu vermieten, eines davon habe ich. Ich putze aber erst mal Zähne, dusche und verkrieche mich ins Bett, um den dringend benötigten Schlaf nachzuhole , den ich heute Nacht auf der Busfahrt nicht bekommen habe. Tief und fest schlafe ich bin die Muezzine, es sind bestimmt ein halbes Dutzend in der Umgebung, um halb eins über Lautsprecher eine halbe Stunde zum Gebet rufen. Ich habe meine besten Ohrenstöpsel drin und trotzdem kann man so nicht schlafen. Morgen früh um kurz nach fünf werden sie das wieder tun und dann eine gute Stunde später nochmal. Das wird sich in meiner Zeit in Indonesien auf Sumatra nicht ändern. Ich will ja noch nach Banda Aceh hoch, dort gilt die Scharia und die Muezzine werden bestimmt nicht weniger.

Ich überlege deshalb, inwieweit ich eventuell meinen Tagesablauf anpassen kann und schaue die aktuellen Gebetszeiten nach. Der letzte Gebetsruf ist um 19:48 Uhr, der erste um 5:15 Uhr. Also früher schlafen und dafür früher aufstehen. Eine Stunde früher oder später ist ja egal und so habe ich mehr vom Tag, außerdem ist es ab sieben Uhr ohnehin dunkel.
Jetzt will ich erst mal eine Stunde was arbeiten und setze mich mit meinem Latop in das "Wohnzimmer". Mächtige geschnitzte Tropenholzmöbel prägen in den nächsten Tagen mein "Büro". Die Internetverbindung ist super. Ich messe über 40 Mbit Downloadrate und etw 15 Mbit Uploadrate. Da sind sogar Videokonferenzen drin, falls nötig.
Eine gute Stunde reicht tatsächlich aus, um zwei Emailpostfächer leerzuschaffen. Außerd3m trage ich die gestern zurückgelegt Reiseroute in meine Online-Weltkarte ein.

Als nächstes ist ein Stunde Reiseplanung zu erledigen. Nach meiner völlig unvorbereiteten Ankunft in Batam ohne Notfallunterkunft und Offline-Karte habe ich mir vorgeschrieben, jeden Tag ein Stunde meine Weiterreise zu organisieren, Aktivitäten zu recherchieren und Indonesisch-Vokabeln zu lernen. Jede Info und jedes Wort kann ich fast sofort anwenden. Quasi Reisen nicht von der Hand in den Mund, sondern vom Buch in den Mund.
Ich spaziere ins Zentrum von Bukittingi. Das ist nicht groß, aber hier sind die ganzen Hotels. Mein Reiseführer schreibt, dass es im Orchid Hotel jemanden gibt, der interessante Ausflüge und Touren organisieren kann.
Westliche Ausländer begegnen mir keine und ich ziehe große Aufmerksamkeit auf mich. Ständig werde ich gegrüßt und ich grüße so herzlich zurück, als würden wir uns tatsächlich kennen.
Das kleine Orchid-Hotel wäre für mich auch eine gute Übernachtungsmöglichkeit gewesen. Aber es ist nicht bei Booking.com, wo ich fast alles der Einfachheit halber buche.
Hier ist jemand, der gut Englisch spricht und wahrscheinlich der Typ ist, von dem im Reiseführer die Rede ist. Ich frage ihn aber nicht. Stattdessen interessiere ich mich für die Besteigung des Merapi. Das ist der Hausvulkan von Bukittingi, der nur wenige Kilometer entfernt ist. Von meinem Guesthouse habe ich einen guten Blick auf ihn. Doch die Antwort des Tour-Agenten ist negativ. Derzeit sei der Merapi fast täglich aktiv und eine Besteigung sei verboten. Ich muss mal nach Sonnenuntergang schauen, ob man ihn eventuell im Dunkeln leuchten sieht.
Was möglich ist, steht auch als Beispiel in meinem Reiseführer: Eine Ganztagestour durch die Umgebung auf dem Sozius eines Motorrades. Von neun Uhr morgens bis abends fünf oder sechs für 20 Euro. In Uganda bin ich so zum Pygmäenstamm der Ba-Twa gefahren und es war echt eine gute Erfahrung. Man hat die Hände frei und kann so vom Motorrad aus filmen und fotografieren. Gleichzeitg ist es viel günstiger als mit dem Auto. Ich habe nicht alles verstanden, wo es hingehen soll, aber es war einiges. Auch ein Königspalast. Das muss ich dringend nachlesen, um welchen König es sich da handelt. Morgen früh werde ich um neun bei meiner Pension abgeholt.
Genug Reisevorbereitungen für heute. Jetzt setze ich mich in ein Café und schreibe Reisetagebuch.
Auf den Reisen der zurückliegenden Jahre war das meist eine Last am Ende des Tages, nie eingeplant und deshalb nur sporadisch ausgeführt. Das sagt auch etwas aus, wie diese Reisen strukturiert waren. Nämlich mit wenig Muße und Zeit zur Reflektion. Hier darf ich aber nicht so hart mit mir ins Gericht gehen, denn in den letzten Jahren hatte ich kaum die Möglichkeit, um mir ausreichend Zeit für langsames Reisen zu geben. Am schlimmsten war es auf den letzten drei Motorradreisen durch Kolumbien, Uganda und Marokko. Da blieb oft nicht mal Zeit, um was auf Twitter zu schreiben.
Auf dem Weg zuück ins Guesthouse habe ich mir zwei neue Regeln überlegt:

1. Abendessen immer beim Maghrib-Gebetsruf um 18:35 Uhr. Das ist der vorletzte von den fünfen am Tag.
2. Bei Essen wähle ich jetzt immer das aus, was ich nicht kenne. Im schlimmsten Fall, ist es etwas, was ich nicht aufessen. Bei zwei Euro pro Gericht ist das kein Verlust. Die indonesische Küche ist so vielfältig wie das Land. Ich wäre blöd, wenn ich aus Bequemlichkeit immer nur die gebratenen Nudeln mit Huhn bestelle, die es überall gibt und die ich im letzten Monat wirklich zur Genüge hatte. Ärgerlich, dass ich eben genau das bestellt habe. Weil ich so regeltreu bin, kehre ich auf dem Heimweg zu einem zweiten Abendessen ein. Die erste Portion war mir eh nicht genug. Jetzt warte ich auf "Murtabak Aceh". Dem Bild nach ist es was mit Teig und der Koch hat mich eben gefragt, ob ich scharf essen kann. Also ist es nicht Süßes.
Ich werde mal ein Foto machen vom Aushang der angebotenen Gerichte. Spiesekarten gibt es hier ja selten. Dann schaue ich die Vokabeln in Ruhe nach.

Murtabak Aceh ist sowas wie eine Quiche - mit Frühlingszwiebeln,Curry und Chili
Murtabak Aceh ist sowas wie eine Quiche - mit Frühlingszwiebeln,Curry und Chili

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Jessica Welt

Seit etwa drei Jahren lasse ich auf meinen Reisen einen GPS-Tracker mitlaufen und füge alle zurückgelegten Routen in diese Karte ein. Strecken, die ich auf dem Landweg zurückgelegt habe, kennzeichne ich orange, welche, die ich zu Fuß gelaufen bin in grün und die, die ich auf dem Wasser per Boot oder Schiff bewältigt blau.