Auf jeder meiner Reisen versuche ich mindestens sechs Personen eine Ansichtskarte alten Stils von unterwegs zu senden. Früher ein obligatorischer Bestandteil eines Urlaubes, ist das Kartenschreiben und -verschicken durch WhatsApp beinahe völlig aus der Mode gekommen. Doch beim Besuch der Stadt Como am gleichnamigen norditalienischen See wurden mir beim Kauf der Ansichtskarten Briefmarken angeboten, die die aus der Zeit gefallene Urlaubskarte ins 21. Jahrhundert mitnehmen wollen. Es sind keine offiziellen Postwertzeichen, sondern eine Eigenentwicklung des Global Postal Service (GPS). Mit ihnen soll man die Postkarte auf ihrem Weg zum Adressaten verfolgen können. Ein entsprechender QR-Code ist auf der Briefmarke vorgesehen. Allerdings muss die Postkarte dazu in die gelben Briefkästen von GPS eingeworfen werden. Im Laden versicherte mir die Verkäuferin, dass auch nach Einwurf in die roten Briefkästen der italienischen Post die mit GPS-Marken freigemachten Karten weiterbefördert würden. Man müsse dann lediglich auf die Nachverfolgungsfunktion verzichten. Allerdings sagt der private Postanbieter GPS auf seinen Umschlägen etwas anderes: Nicht in die roten Kästen einwerfen, nur in die gelben.
Als ich meine sechs Ansichtskarten geschrieben, mit den GPS-Marken beklebt hatte und nun vor dem roten Briefkasten der Poste Italiane stand, überkamen mich Zweifel. Insgesamt hatte ich für sechs Karten mit Briefmarken 15 Euro bezahlt. Diese nun sehenden Auges in einen offiziellen Briefkasten zu werfen, dessen Benutzung explizit von GPS für nicht möglich erklärt wurde, schien rausgeworfenes Geld. Ich drehte um, nahm meine Postkarten wieder mit und scannte zu Hause den auf den Postkarten und dem Umschlag aufgedruckten QR-Code. Die „Home“-Seite von Global Postal Service zeigte mir an, dass die Website „Out of Order“ sei. Die Suche nach Standorten der gelben GPS-Postkästen blieb erfolglos. Auch dort, wo ich einen im Postkartenladen in Como gesehen hatte, wurde mir auf der Online-Karte keine angezeigt.
Also schrieb ich eine E-Mail an die auf der Website angegeben Adresse, erläuterte, dass mir gesagt worden war, dass die GPS-frankierten Postkarten auch durch die italienische Post befördert würden und fragte, ob das richtig sei.
Die Antwort kam prompt vom GPS-Support: Das Unternehmen habe eine Vereinbarung mit der italienischen Post, dass falsch eingeworfene (i.e. in die öffentlichen Briefkästen der Post) Postkarten zweimal im Monat an GPS zurückgeleitet und dann erst durch GPS zugestellt werden. Das bedeutet, dass sich die Postlaufzeit so im schlechtesten Fall um zusätzliche zwei Wochen verlängert. Mit der Fehlauskunft, die ich im Laden erhalten hatte, war man bei GPS offenbar nicht zufrieden und fragte mich, in welchem Laden ich denn diese Auskunft bekommen habe.
Über die Nachverfolgbarkeit der eigenen Postkarte hinaus bietet GPS wohl nach meinem Verständnis auch die Möglichkeit, Sprach- oder Videonachrichten über den QR-Code auf der Briefmarke auf einen GPS-Server hochzuladen, die dann die Empfänger der Karte mit dem gleichen Code wieder runterladen können. Also das, was WhatsApp auch macht. Nur gegen Geld und mit einer Postkarte.
Das war nicht das, was ich wollte. Die Menschen, an die ich geschrieben hatte, sollten meinen Reisegruß sobald wie möglich erhalten. Auf Papier mit einigen Bildern zum Anschauen auf der Rückseite. Deswegen frankierte ich alles noch einmal bei der italienischen Post für weitere 9,40 € neu. Die Briefmarken des Global Postal Service sind im Vergleich zur offiziellen Post nicht viel teurer. Nach Deutschland kosteten sie bei der Post 1,15 €, mit GPS 1,30 €. International mit der Poste Italiane 2,40 €, mit GPS 2,50 €. Wie GPS dann die Zustellung durchführt, ist unklar. In einem Briefmarken-Forum las ich, dass die mit GPS versandten Karten ins UPS-Netzwerk eingespeist würden. Die Seite kann ich allerdings nicht mehr finden.
Einen weiteren Erfahrungsbericht aus Venedig, der kein gutes Haar an dem Global Postal Service lässt, findet man bei den Interrailern von Abenteuer Europa.
Ich kann objektiv feststellen, dass ich für den Versand von vier Postkarten nach Deutschland, einer nach Canada und einer in die Vereinigten Staaten insgesamt 24,40 € bezahlt habe, um sicherzustellen, dass sie zeitnah und sicher ankommen.
Nur um eine altmodische Tradition zu pflegen, ist das in diesem Fall deutlich zu viel.