Reisetagebuch

Der Lago di Bilancino

Italien: Baden im Lago di Bilancino

Morgens beladen wir am Hauptgebäude des Friedhofs an den Fahrzeug- und Gerätegaragen den Anhänger meines Traktors mit den Motorsensen, Ersatzteilen und Benzinkanistern und ich fahre dann alles an den Arbeitsort des Tages. Dabei fahren einige Leute stehend entweder vorne bei mir auf dem Traktor oder hinten auf dem Anhänger mit und ich fühle mich an Aufnahmen erinnert, wo amerikanische Farmerihre mexikanischen Landarbeiter zur Arbeit auf ihre Felder fahren. Mit dem entscheidenden Unterschied, dass ich auch zu diesen Landarbeitern gehöre und heute ebenfalls mit dem Freischneider zwischen den Gräbern im Einsatz sein werde.

Zwar bin ich zum Traktorfahren eingeteilt, diese Aufgabe ist aber weder dazu geeignet einen achtstündigen Arbeitstag auszufüllen, noch ist es zufriedenstellend, den ganzen Tag spazieren zu fahren, während die Kollegen unten auf dem abschüssigen Wildrasen in der Sonne arbeiten. Ich könnte so auch nicht mit guten Gewissen am Abend mit ihnen gemeinsam auf unseren Arbeitstag zurückblicken.

Deshalb habe ich, nachdem alle Fahrdienste auf dem Friedhof vorerst erledigt waren, begonnen mit den Freischneidern Reihe für Reihe die Kanten der Grabsteine entlangzuschneiden. Zu Hause hatte ich noch meine Arbeitsschuhe in der Hand, aber den Gedanken verworfen sie mitzunehmen. Denn die Aussicht bei Temperaturen über 30 Grad in den etwas zu engen Schuhen tagelang über den Friedhof zu laufen war so unangenehm, dass ich sie zu Hause gelassen habe. Hier trage ich deshalb bei den Mäharbeiten meine leichten Sportschuhe. Die sind ebenfalls unangemessen für so eine Tätigkeit, aber das Beste, was ich aufbieten kann. Die Schuhe sind bald mit Kletten übersät und voll mit gehäckseltem Gras. Das habe ich auch in den Hosentaschen und in den Haaren.

Doch heute fahren wir das erste Mal an den Lago di Bilancino zum Baden. Nachdem wir an unserem Hotel die Badeunwilligen (gibt es tatsächlich unter uns) abgesetzt haben sind es nur noch wenige Kilometer hinunter an das Wasser. Dorthin laufen könnte man allerdings nur auf Umwegen, denn hier endet die Mautstrecke, es ist viel Verkehr und es gibt keine vernünftigen Fußwege hinunter zum Wasser. Wir fahren allerdings mit unserem Bus und halten auf einem Parkplatz. Einen richtigen Badestrand gibt es nicht, sondern nur zwei Pfade durch das dichte Gebüsch. Der „Strand“ ist steinig und wir laufen barfuß. Es dauert eine Weile bis wir wie auf einer heißen Herdplatte ans Wasser gestelzt sind. Dort dauert es noch einige schmerzhafte Meter, bis wir tief genug drin sind, um zu schwimmen. Der Lago die Bilancino ist badewannenwarm. Das Wasser schmeckt aber frisch und kein bisschen modrig. In den tieferen Schichten ist der See aber deutlich kühler und manchmal kommt eine der kalten Strömungen etwas mehr an die Oberfläche. Das erschreckt man sich erst, ist dann aber angenehm gekühlt. Nach einer halben Stunde ist der Badespaß auch schon wieder vorbei. Das reicht auch. Schon auf der Fahrt an den See, war ich im Bus kurz vor dem Einschlafen. Jetzt nach dem Baden bin ich noch müder.

Im Hotel angekommen versinke ich schnell in Schlaf, erwache aber genau so schnell wieder daraus, denn eine Ambulanz mit dem penetranten italienischen Signalhorn scheint draußen auf und abzufahren.

Heute essen wir wieder in der traditionellen toskanischen Osteria. Es ist nun der dritte Tag in Folge und wir wissen nun was uns erwartet. Drei verschiedene Pasta-Gerichte werden auf mehreren großen Silberplatten aufgetischt. Die Menge reicht aus, um unsere 20-köpfige Gruppe satt zu bekommen. Doch es ist nur die Vorspeise. Fleisch und Salat, Bohnen und Bratkartoffeln folgen. Viel zu viel für uns und wir haben schon angemeldet, dass wir die Reste mitnehmen werden. Aus ihnen bereitet dann unser Bundeswehr-Koch Manuel morgen Mittag wieder neue Überraschungen für uns zu.

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Jessica Welt

Seit etwa drei Jahren lasse ich auf meinen Reisen einen GPS-Tracker mitlaufen und füge alle zurückgelegten Routen in diese Karte ein. Strecken, die ich auf dem Landweg zurückgelegt habe, kennzeichne ich orange, welche, die ich zu Fuß gelaufen bin in grün und die, die ich auf dem Wasser per Boot oder Schiff bewältigt blau.